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Was, wie, Vero?

Vero Screenshots

Buchstäblich jeden Tag drängen neue Apps auf den Markt. Gerade die Alternativen zu den herkömmlichen Social Networks werden da oft wild gehypt. Wir haben uns die neue App Vero genauer angesehen, die anfänglich von vielen Usern mit hohen Erwartungen installiert wurde.

Vero – True Social. Mit nur zwei Worten ist sofort klar, wie sich Vero positioniert: Als „echtes“ Social Network. Jeder User von Instagram, Twitter und Facebook weiß, was damit gemeint ist. Die Netzwerke verärgerten die User zuletzt immer mehr mit ihren Eingriffen in die gewohnte Timeline.

Das großzügige Einstreuen bezahlter Inhalte (sprich: Werbung) lässt sich verschmerzen, wenn man bedenkt, dass die Netzwerke kostenlos sind. Wirklich nervig ist es, dass wir die Posts abonnierter anderer User nicht mehr chronologisch angezeigt bekommen, sondern nach Gutdünken eines geheimnisvollen Algorithmus, der entscheidet, was wir wann überhaupt sehen – und ob wir es überhaupt sehen.

Vero positioniert sich selbst als „Anti-Facebook-App“, will alles anders machen, oder zumindest besser. Mit Vero soll das Leben besser werden, nicht anstrengender. Anfang März 2018 hatte Vero bereits 3 Millionen User. „Bereits“ ist hier allerdings relativ, denn es gibt Vero schon seit über zwei Jahren. Richtig an Fahrt gewonnen hat die App allerdings erst kürzlich, zweifellos gepusht durch die wachsende Unzufriedenheit der Instagram- und Facebook-User.

Zudem soll die Nutzung der App für alle User auf unbestimmte Zeit kostenlos sein. Eigentlich war angekündigt, dass ab einer Million Nutzer ein „Mitgliedsbeitrag“ erhoben werden würde. Wir sind gespannt, wie so ein Beitrag bei den Usern ankommen wird – solche Kosten sind absolut untypisch für Social Media und werden von den Usern nur schwer akzeptiert werden.

Aber wie ist Vero anders? Und was macht die App überhaupt? Mit der App lassen sich wie bei Instagram Bilder und Videos teilen, mit dem eigenen Account kann man anderen Vero-Usern folgen oder sich mit ihnen verbinden – das entspricht etwa dem Facebook-Konzept, nach dem man anderen Nutzern folgen kann („Abonnieren“) oder mit ihnen befreundet ist.

Getreu dem eigenen Anspruch, das Leben besser statt komplizierter machen zu wollen, macht Vero vor allem die Sachen anders, die uns bei den Mitbewerbern so ärgern: Hie entscheidet kein Algorithmus darüber, ob wir die Posts anderer sehen, und in welcher Reihenfolge. Da es als kostenpflichtiger Dienst geplant ist, gibt es auch keine Anzeigen. Vero betreibt nach eigenen Angaben auch kein Data-Mining, es erhebt also keine Informationen, um sie dann zu verkaufen.

Zur Anmeldung sind Name (das muss nicht zwangsläufig der echte Name sein), Mailadresse und Telefonnummer nötig. Die Telefonnummer will Vero nach eigenen Angaben aus Sicherheitsgründen haben, und um die nötigen Funktionen der App bereitzustellen.

Wenn Sie schon in anderen Social Networks unterwegs sind, lässt sich die App relativ leicht handhaben. Einfach auf das Plus-Zeichen klicken, und schon öffnet sich das Menü zum Erstellen eines Posts. Sie können eigene Bilder und Videos teilen, dazu Bücher, Musik, Links, Filme und Serien und auch Orte. Filme (in Form des Plakats), Bücher und Musik können mit einem Kommentar versehen und empfohlen werden. Hashtags werden automatisch verarbeitet und sind dann wie üblich durchsuchbar. Bei Filmen können Sie weitere Informationen angegeben werden, ob man den Film gesehen hat und empfiehlt. Alle geteilten Inhalten werden in „Collections“ einsortiert.

Bei jedem Post können Sie genau entschieden, mit wem er geteilt wird: „Enge Freunde“, „Freunde“ oder „Bekannte“. Es ist sogar möglich, den Post nur mit einem einzigen Kontakt zu teilen. Möchten Sie doch ein bisschen weniger Privatsphäre, können Sie das Bild, den Link etc. auch über Facebook und Twitter teilen. Teilen, liken und melden von Posts funktioniert wie gehabt. Eine Chat-Funktion steckt ebenfalls mit in der App.

Auch den Avatar kann man für die unterschiedlichen Vertrautheitslevel anpassen. Wenn Sie also für Ihre engen Freunde anders aussehen wollen als für Bekannte, dann können Sie bei Vero einfach unterschiedliche Profilbilder hochladen.

Noch immer krankt Vero allerdings an Lauflernschwierigkeiten, die nach über zwei Jahren eigentlich kein Thema mehr sein sollten: Schwierigkeiten bei der Registrierung und Anmeldung, zeitweise ist der Dienst wegen überlasteter Server nicht erreichbar, die Suche könnte deutlich besser funktionieren. Wer nicht die bei der Anmeldung vorgeschlagenen Accounts verfolgt oder seine eigenen Kontakte zum Abgleich importieren lässt, sitzt anfangs also vor einem enorm leeren Feed.

Besonders gut an Vero gefällt uns die Möglichkeit, das eigene Nutzungsverhalten zu tracken. Im Profil sehen Sie auf Wunsch, wann und wie lange Sie mit der App beschäftigt waren. Gegebenenfalls können Sie also die Notbremse ziehen und Ihr Verhalten ändern. Das ist natürlich nur deswegen überhaupt machbar, weil Vero grundsätzlich als kostenpflichtiger Service angelegt ist, der nicht auf das „suchtartige“ Verhalten der User angewiesen ist.

Für Unternehmen bietet Vero (noch?) keinen besonderen Mehrwert. Wie immer in den Anfangsphasen gilt aber auch hier: Lieber den eigenen Firmen- bzw. Markennamen selbst besetzen, sonst tut es jemand anders. Wir finden, Unternehmen sollten prinzipiell jeden neuen Kanal zumindest auf dem Schirm haben. Schließlich weiß man nie, was sich noch ergibt! Und wer als Marke mehr mit hochkarätigem Content bestechen will als mit teuren, platzierten Anzeigen, der kann Vero damit schon jetzt ganz zwanglos bespielen.

Unser Fazit: Vero ist eine interessante Alternative zu den aktuellen Spitzenreitern Instagram und Facebook. Genauer gesagt: Vero kann eine Alternative sein, wenn es denn endlich seine technischen Probleme in den Griff bekommt und endlich aus der Beta-Phase hinauswächst. Philosophie und Funktionen sind wirklich gut, die technische Umsetzung muss aber noch eine Schaufel drauflegen, wie wir Medienprofis sagen.